Das Marktgeschehen auf den internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkten stand in den letzten Monaten stark unter dem Einfluss politischer Entwicklungen. In erster Linie waren dies der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Immer dann, wenn die Hoffnung überwog, dass es zu einer Einigung im Handelsstreit und einem geregelten Brexit kommt, stiegen die Kurse an den Warenterminbörsen, gefolgt von deutlichen Kursrückgängen, wenn sich die Hoffnungen auf eine Einigung mal wieder zerschlagen hatten. Die Preisvolatilität war und ist entsprechend hoch.
Gleichzeitig wurde aber auch klar, dass die Ernten im Wirtschaftsjahr 2018/19 insgesamt doch etwas besser ausgefallen sind als lange vorhergesagt. Zudem ist die internationale Nachfrage nicht ganz so stark wie in den Vorjahren gewachsen. Entsprechend bleibt der Abbau der Lagerbestände relativ unbedeutend. Sinkenden Preise waren die Folge.
Zusätzlichen Preisdruck haben zudem die guten bis sehr guten Aussichten für die Welternten 2019/20 gebracht. In einem ersten Ausblick lassen sich die Erwartungen wie folgt zusammenfassen:
Die Anbaufläche für Weizen ist um rund 2 % gewachsen. Zudem hat es bisher keine nennenswerten Auswinterungsschäden gegeben. Bei normalem Witterungsverlauf bis zur Ernte ist deshalb mit einem Anstieg der Weltweizenproduktion 2019/20 um ca. 40-45 Mio. t zu rechnen. Dabei werden die größten Zuwächse für die wichtigen Exportländer EU (plus 15-20 Mio. t), Russland (plus 7-8 Mio. t) und die Ukraine (plus 2-3 Mio. t) erwartet. Zu einer nachhaltigen Erholung der Preise dürfte es daher nur kommen, wenn Trockenheit im Mai zu reduzierten Ertragserwartungen und vor allem einem kleineren Exportüberschuss in Russland führen sollte.
Die EU und die Ukraine haben den Anbau von Wintergerste ausgeweitet, so dass Produktion und Bestände wachsen sollten. Falls China allerdings als großer Käufer von Futtergerste an den Markt zurückkehrt, dürfte die dann engere Versorgungssituation zu steigenden Preisen führen.
Die Entwicklung auf dem Weltmarkt für Mais wird in hohem Maße von der Höhe der Anbauflächenausweitung und den Wachstumsbedingungen in den USA bestimmt werden. Zurzeit wird dort von einer Flächenausdehnung um etwa 3 % ausgegangen. Bei normalen Erträgen dürfte es deshalb zu keinem Abbau der Bestände kommen. Sollten die Erträge in den USA allerdings witterungsbedingt unterdurchschnittlich ausfallen, dürften die dann kleineren Lagerbestände zu steigenden Preisen führen.
Die Erzeugung von Raps wird in der EU auf dem niedrigen Niveau des Vorjahrs (19,8 Mio. t) erwartet. Da die Anbauflächen in Kanada weiter steigen sollen, bleibt bei normalen Erträgen dennoch wenig Platz für Preissteigerungen.
Entscheidend bleibt für Raps auch 2019/20, wie sich der Markt für Sojabohnen entwickeln wird. Zurzeit rechnen Marktbeobachter mit einer Verringerung der Anbaufläche in den USA um 3-5 %. Sollten sich die Chinesen allerdings im Rahmen einer Einigung im Handelskonflikt mit den USA dazu verpflichten, zur Höhe der Käufe der letzten Jahre zurückzukehren, werden die Preise am Sojamarkt anziehen. In diesem Fall muss mit einer kleineren Verringerung des Anbauumfangs in den USA gerechnet werden, so dass das Preispotential nach oben begrenzt bleiben würde.
Autor: Dr. Klaus Schumacher – AgriConsult, Seevetal