Die Internationale Vereinigung der Versicherer der landwirtschaftlichen Produktion (AIAG) veranstaltet alle zwei Jahre einen Kongress, an dem weltweite Agrarversicherungsexperten zusammenkommen, um über aktuelle Entwicklungen und Trends zu diskutieren. Vom 22. bis 24. September fand der Kongress 2025 unter dem Motto „Klimawandel und Ernährungssicherheit: Politische Ziele und landwirtschaftliche Realität” in Rotterdam statt – auch die VEREINIGTE HAGEL war mit zwei Redebeiträgen vor Ort vertreten.
Über 400 Teilnehmer aus 33 Ländern – darunter 79 Versicherer, 21 Rückversicherer und 14 Unternehmen für Versicherungsdienstleistungen – nahmen an dem Branchentreffen teil, um sich mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, die der Klimawandel für das Risikomanagement in der Landwirtschaft und die globale Ernährungssicherheit mit sich bringt.
Angesichts der fortschreitenden klimatischen Veränderungen und der Zunahme extremer Wetterereignisse sieht sich die globale Agrarwirtschaft mit einer Vielzahl an Risiken konfrontiert – von langanhaltender Dürre, Starkniederschlägen und verheerenden Stürmen bis hin zu Verschiebungen der phänologischen Phasen. Die Auswirkungen des Klimawandels führen nicht nur zu erheblichen Ertragsminderungen, sondern beeinträchtigen auch die Tierproduktion durch Hitzestress, zunehmende Ausbreitung von Krankheiten und Futtermittelknappheit. Die daraus resultierenden Störungen in den Lieferketten führen zu einer Unsicherheit in der weltweiten Lebensmittelversorgung – eine der größten zukünftigen Bedrohungen.
Public-Private Partnerships (PPP) haben sich als wesentliches Instrument zur Minderung dieser Risiken herauskristallisiert, da sie es Staaten und privaten Versicherern ermöglichen, ihre Stärken – Know-how, finanzielle Ressourcen, operative Effizienz und Technologien – zu bündeln, um landwirtschaftliche Versicherungslösungen zu entwickeln, die erschwinglicher und resilienter sind. Die staatliche Prämienförderung stärkt das Angebot finanzierbarer Versicherungsprodukte, die auch Kumulrisiken wie Dürre und Frost einschließen, während das Fachwissen des privaten Sektors dafür sorgt, dass die Produkte skalierbar, kundenorientiert und effizient verwaltet werden. PPPs spielen somit eine entscheidende Rolle dabei, dass die Betriebe genau den Schutz erhalten, den sie benötigen, um den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels standzuhalten.
Dr. Philipp Schönbach, Sprecher des Vorstands und Thomas Gehrke, Vorstandsmitglied der VEREINIGTEN HAGEL, gaben in ihren Vorträgen einen umfassenden Überblick über den Status quo der Public-Private Partnerships. Dr. Schönbach legte den Schwerpunkt auf die aktuelle Situation in Deutschland, dessen föderalistisches System zu einer Pluralität in der Ausgestaltung der Förderung der Mehrgefahrenversicherung auf Bundesländerebene geführt hat. Nicht nur die Unterschiede in den geförderten Risiken und Kulturen wurden hierbei deutlich, sondern auch die von Bundesland zu Bundesland abweichenden Verwaltungsprozesse, die einen nicht unerheblichen Aufwand sowohl auf Seiten der Behörden als auch auf Seiten der Versicherer mit sich bringen. Hier gilt es, im Rahmen eines intensiven Austauschs an neuen Ansätzen zu arbeiten, wie die bestehenden Prozesse optimiert und eine bundesweit einheitliche Lösung vorangetrieben werden kann.
Thomas Gehrke beleuchtete in seinem Vortrag den Nutzen und die Herausforderungen der PPP-Modelle weltweit. Während bis dato von einem PPP-Dreiklang aus Landwirt, Staat und Versicherer ausgegangen wurde, sieht Gehrke die Öffentlichkeit als vierte Komponente in zunehmender Verantwortung. Öffentliche Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und Regionalität in der Landwirtschaft dürften nicht reine Worthülsen bleiben. Es bedürfe eines starken öffentlichen und politischen Willens, entsprechende staatliche finanzielle Ressourcen zur Unterstützung des landwirtschaftlichen Risikomanagements zur Verfügung zu stellen, um die Liquidität der Betriebe langfristig zu erhalten und somit die Versorgung mit nachhaltig und regional produzierten Lebensmitteln auch in Zukunft zu gewährleisten.
AIAG-Präsident Pascal Forrer bekräftigte dies in seiner Ansprache: Der Klimawandel sei keine ferne Bedrohung mehr, sondern tägliche Realität. Durch die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor könnten Versicherungssysteme entwickelt werden, die die Resilienz erhöhen und Investitionen in die Landwirtschaft fördern. Denn es gehe nicht nur um Entschädigungen nach Naturkatastrophen, sondern um den Aufbau eines widerstandsfähigeren globalen Ernährungssystems.
Thomas Gehrke zum Generalsekretär gewählt
Im Rahmen des Kongresses wurden mehrere bedeutende Führungswechsel innerhalb der AIAG bekannt gegeben, die die zukünftige Ausrichtung des Verbandes prägen und die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Agrarversicherungsbranche weiter stärken werden.
Nach drei zweijährigen Amtszeiten übergab Pascal Forrer seine Aufgaben als AIAG-Präsident an Daniele Caceffo, der seit 2023 als Leiter des Bereichs Landwirtschaft bei der GENERALI Italien tätig ist. Eine weitere bedeutende Veränderung im AIAG-Vorstand ist das Ausscheiden von Dr. Rainer Langner, dessen langjähriges Engagement das Wachstum und den Erfolg des Verbandes maßgeblich vorangetrieben hat. Die AIAG freute sich bekanntzugeben, dass Dr. Philipp Schönbach und Adrian Aebi (Schweizer Hagel) die Nachfolge von Dr. Rainer Langner und Pascal Forrer im Vorstand antreten werden.
Im Rahmen des Kongresses erfolgte die Bekanntgabe einer weiteren wichtigen Neuerung. VH-Vorstandsmitglied Thomas Gehrke übernimmt die neue Position des AIAG-Generalsekretärs mit dem Ziel, den internationalen Austausch zwischen Agrarversicherern zu fördern und weiter auszubauen. Gehrke bringt umfangreiche Erfahrungen aus der nationalen und internationalen Verbandsarbeit mit. Er ist langjähriges Mitglied des AIAG Loss Adjusters‘ Committee, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe Risikomanagement der COPA-COGECA in Brüssel und engagiert sich aktiv in mehreren deutschen Verbänden, darunter dem Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Den AIAG-Kongress 2025 beendeten die Teilnehmer in Rotterdam mit einem gemeinsamen Ziel: Die internationale Zusammenarbeit zu stärken und Innovationen in der Agrarversicherung angesichts des fortschreitenden Klimawandels weiter voranzutreiben.
Bereits in zwei Jahren bietet sich für die VEREINIGTE HAGEL und die globalen Stakeholder der Agrarversicherung wieder die Gelegenheit, den Austausch im Rahmen des 39. AIAG-Kongresses fortzuführen. Für die deutschen Agrarversicherer wird der Kongress 2027 sogar ein „Heimspiel“, denn sie dürfen als Gastgeber die Versicherungsexperten aus aller Welt in der Metropolregion Frankfurt am Main begrüßen.

AIAG Congress 2025 in Rotterdam

Dr. Philipp Schönbach berichtet über die Fördersituation in Deutschland

Thomas Gehrke zum Generalsekretär der AIAG ernannt